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Der Sauerteig - Das unbekannte Wesen

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Anfänger sollten zu den Getreidearten Weizen oder Dinkel und Roggen greifen, da bei ihnen eine spontane Säuerung und Verhefung besonders leicht auftritt. Es ist zwar auch möglich, Sauerteig mit Gerste, Hafer, Reis und anderen Getreidearten herzustellen. Nur sind dann teils besondere Bedingungen nötig, die nicht leicht eingehalten werden können. Wer einen solchen anderen Sauerteig haben möchte, sollte aus einem Sauerteig der genannten Getreidearten zurückgreifen und diesen auf die neue Art umzüchten. Er gewinnt damit schnell einen neuen Sauerteig, der von Anfang an stark genug ist um ohne Hefe einen Teig zu lockern.


Grundsätzlich sind für Sauerteige alle Getreidesorten möglich, die einen ausreichend hohen Stärkeanteil haben, von dem sich die Bakterien und Hefen ernähren. Einen Sauerteig auf diesen Getreidearten aber frisch zu ziehen ist nicht in allen Fällen möglich.

2.2.1 Getreidearten

Weizen:

  • Spelzenweizen (alle "üblichen" zum Backen verwendete Weizensorten, Dinkel etc)
  • Emmerweizen (alle Durum- oder Hartweizenarten, d.h. ?Nudelweizen", zum Backen nur bedingt geeignet)
  • Einkorn (zum Backen nicht geeignet)



Weizen lässt sich eigentlich in der Deutschland (bis auf den Dinkelanbau im Südwesten) nur eingeschränkt betreiben. Noch bis zur Mitte des 20 Jahrhunderts war der Weizen aus Deutschland so minderwertig, dass er immer mit ausländischen Weizenernten gemischt werden musste. Durch Zuchterfolge und die Einführung der Stickstoffdüngung wurden qualitativ ausreichende Weizenmehle für die Bäckerei zur Verfügung gestellt. Die Hauptanbauländer von Weizen sind Südeuropa, Nordamerika und Kanada, sowie Argentinien.

Weizen lässt sich hervorragend verbacken. Es ist sehr kleber- und stärkehaltig. Eine Sonderform ist der Emmerweizen (auch bekannt als Durum-Weizen), eine Hartweizenart. Dieses Korn wird nur für einige wenige Brottypen (Baguette, Ciabatta) und mit langen Vorteigzeiten verwendet, da es für die normale Brotbackerei eine zu harte und glasige Struktur besitzt. Es wird hauptsächlich für Gries und die Nudelherstellung angebaut.

Eine Sonderstellung nimmt der Dinkel ein. Dinkel ist eine sehr alte Weizensorte, die sich der Zucht und gezielten Weiterführung bis heute komplett entzogen hat. Da Dinkel auch auf chemische Düngung etc nicht anspricht bzw gegen chemische Behandlung unempfindlich ist, ist er geradezu prädestiniert für die gesunde Ernährungsform. Allerdings ist er aufgrund seines geringeren Ertrages etwa 10 ? 20 % teurer als vergleichbares Weizengetreide.


Roggen:

  • Pettcuserroggen
  • Carstenroggen


Beide Roggenarten sind gleichwertig und treten als dünnwandige Tal-, bzw. dickwandige Bergtypen auf. Ferner wird unterschieden zwischen Winter- und Sommerroggen. Da Roggen sehr kälteresistent ist und der Sommerroggen eine geringere Qualität und schlechtere Erträge aufweist, wird hauptsächlich der Winterroggen angebaut. Roggen kommt heute hauptsächlich aus Ost- und Nordeuropa, sowie Nordamerika/Kanada.

Roggen ist fast gluten-, also kleberfrei, besitzt aber eine ausreichende Menge Stärke im Korn. Aus diesem Grund ist es zwar schwieriger, aber nicht unmöglich aus reinem Roggenmehl ein Brot zu backen. Dazu kommt, dass im Roggenmehl ein Schutzenzym (Phytin) der Verkleisterung entgegenwirkt. Dieses Enzym kann durch Säure gestoppt werden, was idealerweise der Sauerteig (der ja zur Lockerung die notwendigen Hefen gleich mitbringt) schafft. Eine andere Möglichkeit, mit Roggenmehl ein Brot zu backen, wäre die Verwendung einer sauren Flüssigkeit (Buttermilch, Zitronensaft, Kefir, Essig etc) im Teig um das Phytin zu stoppen.

Gerste:

  • zweizeilige Gerste (Braugerste, sehr eiweißarm, zum Backen nicht geeignet)
  • vierzeilige Gerste (hauptsächlich für Graupen, Grützen und Kaffeeersatz)
  • sechszeilige Gerste (Nordeuropa und Gebirgshochlagen, stirbt gerade aus)



Gerste ist mit das älteste kultivierte Korn und wird bereits seit mehr als 6000-7000 Jahren nachgewiesen. Es ist ausgesprochen kälteresistent und besetzt eine sehr kurze Vegetationsphase (besonders die sechszeilige Gerste). Aus diesem Grund war die Gerste für die arktischen Gegenden das optimale Getreide, auch wenn das Gerstenbrot stark zu Rissbildungen und zum Krümeln neigt. Reines Gerstenbrot ist mit den heutigen Sorten (zwei- und vierzeilig) heute fast nicht mehr herzustellen.

2.2.2 Mehltypen

Grundsätzlich eignen sich zum Ansetzen von einer Sauerteigkultur alle Mehl- und Schrotsorten der höheren Typen, also mit einer Typenzahl größer als 800. Für das Füttern eines bereits vorhandenen und stabilen Sauerteiges kann dann jedes Mehl (selbst das als ?Kuchenmehl" bezeichnete Weizenmehl Typ 405) genommen werden, weil dann nur noch die Stärke im Mehl ausgenutzt wird.

Zum Ansetzen einer neuen Sauerteigkultur sind aber die auf der Schale des Kornes vorhandenen Bakterien und Hefen notwendig. Aus diesen setzt sich später der fertige Sauerteig zusammen. Da die Mehle mit geringer Type aber keine Randschichten mehr besitzt, fehlen hier dann die notwendigen Keime und es werden sich schnell unerwünschte Schimmelpilze auf dem angesetzten Sauerteig ansiedeln. Vollkornmehl dagegen besitzt zu viele Keime von der Kornschale, die eine Spontansäuerung mit den richtigen Keimen etwas erschweren. Möglich ist es aber, eine Sauerteigkultur aus Vollkornmehl zu ziehen.

Was bedeuten die Typenzahlen?

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! TABELLE EINFÜGEN!
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Die Typen besagen, wie viel Asche in Milligramm (mg) übrig bleiben, wenn man 100 g Mehl verbrennt. Für Weizenmehl gelten die Typen in nebenstehender Tabelle.

Die Tabelle weist aus, dass schon mit dem Typ 550 erheblich mehr Bestandteile ausgemahlen werden als mit dem leider üblichen Typ 405, der nur deshalb so "blütenweiß" ist, weil ihm die dunkleren, wertvollen Bestandteile aus Keimling und Randschichten fehlen. Immer noch gute Backeigenschaften hat der Typ 1050; nur der etwas grobe und dunklere Typ 1700 eignet sich nicht so gut für feines Gebäck, das mit diesem Mehl leicht bröckelig würde.

Dunkler bedeutet also bei Weizenmehl zugleich inhaltsreicher, besser, aber nicht jedes dunklere Mehl oder Brot bzw. Brötchen ist besser, weil es dunkler ist: Roggenmehl ist von Natur aus dunkler als Weizenmehl, auch die billigste Sorte ist hellgrau. Und im Brot wird gerne Malzextrakt und Zuckerkulör als Indikator für "Vollkornmehl" verwendet.

Das im Handel erhältliche Vollkornmehl unterscheidet sich dadurch grundlegend vom selbstgemahlenen Mehl, dass in der Mühle der Keimling entfernt wurde. Dieser Keimling ist sehr fetthaltig (aus ihm stammt das Weizenkeimöl) und würde bei längerer Lagerung ranzig werden.

Beim Roggen werden hauptsächlich die Typen 970, 1150 und 1800 verwendet. Fertige Mehlmischungen haben aber durch die Mischung von verschiedenen Getreidearten und Mehltypen auch andere Typ-Zahlen (zum Beispiel 700 oder 1000).

Die Typbezeichnung sagt aber ferner weder etwas über die Feinheit des Mehles, noch über die Güte des verwendeten Getreides aus.

Die verschiedenen Typenmehle werden in den Mühlen durch ein kompliziertes und ausgeklügeltes Ablaufprinzip von Schroten, Sieben, Mahlen, wieder Sieben, noch mal Mahlen, letztes mal Sieben und Zusammenmischen mit verschiedenen Mahlwerkzeugen, Siebarten und unterschiedlichen Geschwindigkeiten erreicht. Dabei macht man sich zu nutze, dass die Schale des Korns einerseits leichter als der Mehlkörper ist, andererseits aber der Mehlkörper schneller durch Druck beim Mahlen zerbricht.

Der Besitzer einer eigenen Küchenmühle (gleichgültig, ob es sich dabei um eine Stahl-, Keramik oder Steinmühle, ob um eine elektrische oder Handmühle handelt) kann deshalb keine Typenmehle erzeugen. Es wird bei ihm immer ein Vollkornmehl bleiben. Mit dem manuellen Aussieben der größeren Schalenteile kann er sich etwas behelfen. Zum Erzeugen einer Sauerteigkultur wird er aber auf Typenmehle aus dem Supermarkt (oder besser direkt aus der Mühle) angewiesen sein, wenn er es nicht mit eigenem Vollkornmehl versuchen möchte. Wenn er aber einmal eine Sauerteigkultur besitzt und diese dann immer weiterzüchtet und füttert, kann er natürlich das Vollkornmehl aus der eigenen Mühle verwenden.

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