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Der Sauerteig - Das unbekannte Wesen

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So schön ja das Führen und Gedeihen eines Sauerteiges ist und so sehr man sich daran erfreuen kann, dass es einem gelungen ist ein solches „Lebewesen" zum Leben erweckt zu haben und es zu erhalten, so dient es doch nur einem Ziel: dem Backen oder der Herstellung einer anderen Ware. Es ist also nur ein Mittel zum Zweck.


Und so wollen wir das erste Brot mit unserem Sauerteig backen mit den ursprünglichen Zutaten, die unsere Großmutter verwendet hat, und die man zum Backen eines Brotes als Grundbestand braucht: Mehl, Salz und Wasser. Ja, und natürlich unserem Sauerteig, den wir aber nur aus Mehl und Wasser angesetzt haben. Mit weiteren Zutaten, wie Saaten (Leinsamen, Sesamsaat, Mohnsaat, Kümmel, Sonnenblumenkerne etc) können wir das Brot nach Belieben und Geschmack verfeinern. Auch gemahlene Brotgewürze (Schabzigerklee, Anis, Fenchelsamen und anderes) können wir sparsam nach Wunsch beifügen.

Grundrezept Roggensauerteigbrot:
500 g Sauerteig (500 ml),
500 g Roggenmehl,
1 gestrichenen Esslöffel Salz (ca 15 g) und
250 ml lauwarmes Wasser

werden miteinander gemischt. Diese Masse ist recht klebrig, so dass wir immer nur mit einer Hand in den Teig greifen sollten, damit wir bei Bedarf mit der sauberen Hand weitere Zutaten (Wasser oder Mehl) zugeben können, ohne in Verlegenheit zu geraten. Wir müssen aber diese Masse nicht groß kneten, da Roggenmehl im Gegensatz zu Weizenmehlteigen keinen Kleber besitzen der „herausgeknetet" werden muss. Also vermischen wir die Zutaten nur so miteinander, dass keine Mehl- oder Salznester im Teig übrigbleiben und formen eine Kugel, die wir auf ein mit Backpapier belegtes Backblech legen. Wir sprühen diese Kugel von außen mit einer Wasserspritze („Wäschespritze") gut mit Wasser ein und stellen das Backblech in den auf 50°C eingeschalteten Backofen. Die Temperatur können wir nach 20 Minuten herunterdrehen, so dass nur noch die Birne im Ofen brennt. Diese gibt genug Wärme ab, dass im Ofen 30-40°C sind und das Brot in Ruhe gehen kann. In Ruhe heißt hier: zwei bis drei Stunden. Das ist lang? Nein, das ist die Zeit, die das Brot braucht. Am Anfang kann es auch etwas länger dauern, aber innerhalb von 5 Stunden sollte das Brot sich deutlich vergrößert haben und ggf oberflächlich einreißen. Wir besprühen das Brot immer wieder mit Wasser, damit die Oberfläche nicht zu sehr eintrocknet.

Dann nehmen wir das Brot heraus, schalten den Ofen auf maximale Temperatur (meistens 250°C) vor und schieben dann das Brot in den Backofen, nachdem wir die Oberfläche des Brotes noch mal sehr gut angefeuchtet haben.

In vielen Rezepten steht als Tipp, eine kleine Schale mit Wasser zum Brot in den Ofen zu stellen. Dies soll die Teigoberfläche feucht halten und dafür sorgen, dass die Kruste nicht zu schnell eintrocknet und fest wird. Dieser Tipp erfüllt in aller Regel nicht die Erwartungen. Wenn man das Brot gut ansprüht wird der gewünschte Effekt viel besser erreicht.

Nach 10 Minuten drehen wir die Temperatur auf 220°C und nach weiteren 15 Minuten auf 190°C zurück. Insgesamt wird das Brot 60 bis 70 Minuten gebacken. Es ist fertig, wenn es beim Klopfen auf die Brotunterseite hohl klingt. Wir lassen das Brot mindestens 3 bis 4 Stunden unter einem sauberen Geschirrtuch abkühlen. Am nächsten Tag schmeckt es allerdings noch viel besser.


Das Grundrezept wird leider etwas breit laufen. Dieses liegt am Roggenteig. Auch Dinkelbrote neigen zum flachlaufen. Dem kann man etwas entgegenwirken, indem man die Brote etwas fester macht, was aber leider das fertige Brot etwas trocken mach. Ein Bäcker hingegen wird dan Brot in einem Gärkörbchen gehen lassen, dass das Brot beim Gehen in Form hält. Auch das Backen in einer Kastenform hilft gegen flache „Roggenfladen".

5.1.1 Brühstück
Gerade bei herzhaften Roggenbroten hat man oft den Wunsch, dem Brot mit Schrot einen kräftigen Biss und einen besonders rustikalen Geschmack zu geben. Wenn man den Schrot einfach zum Teig zugibt, passiert es aber gerne, besonders bei hohen Schrotanteilen, dass das Brot, wenn man es aufschneidet, quasi aus einander bröselt.

Das liegt daran, dass die Kleberteilchen im Schrot, die die normale Krume bilden, in den einzelnen Getreideschrotteilen eingeschlossen ist und nicht sich miteinander zu einer geschlossenen Krume verbinden können. Auch nehmen die Schrotteilchen so viel Wasser beim Gehen auf, dass das Brot nach dem Backen ganz trocken wird.

Wir können hier mit dem „Brühstück" und dem Quellstück entgegenwirken.

Für das Brühstück wird der Schrot mit ausreichend kochendem Wasser übergossen und dann gut umgerührt. Man benötigt so viel Wasser, dass der ganze Schrot durchweicht und ganz leicht mit Wasser bedeckt ist. Dann lassen wir den Schrot mindestens 8, besser 12 Stunden quellen. Dabei werden die Kleberteilchen aus dem Getreideschrot herausgelöst, was man daran erkennt, dass die Masse etwas klebrig und schleimig wird. Die eingeweichte Schrotmasse geben wir einfach zum Teig dazu. So können wir bis zu 1000 g Schrot auf 500 g Mehl im Teig verwenden, ohne Gefahr zu laufen, dass das Brot zu bröselig wird.

Bei geringeren Schrotanteilen, kann man den Schrot auch nur 3 oder 6 Stunden quellen lassen.

Der Vorteil des Brühstückes liegt vor allem in dem besonderen Geschmack, da neben dem Kleber auch Aromastoffe aus dem Schrot herausgelöst werden. Auch wird der Schrot durch das heiße Wasser besser verdaulich.

Nachteilig beim Brühstück ist, dass das Eiweiß im Schrot durch die Hitze bereits gerinnt und damit als Kleber nicht mehr zur Verfügung steht. Somit kann es passieren, wenn der Anteil des Schrotes zu groß wird oder Mehl als Brühstück aufgesetzt wird, daß die Krume darunter leidet. In diesem Fall bietet sich da Quellstück an.

5.1.2 Quellstück
Das „Quellstück" ist da Gegenstück zum „Brühstück", bei dem der Schrot wie bei einem Vorteig nur in kalten Wasser aufquillt. Weil zum Quellen kein heißes Wasser verwendet wird kann man auch Saaten (Leinsamen, Sesam, Mohn etc) quellen lassen. Auch werden die Geschmacksstoffe nicht so aus dem Getreide gelöst.

Das Quellstück setzt man meistens für 12 bis 24 Stunden an.

Durch die kalte Führung gerinnt das Eiweiß im Schrot nicht, sondern die Stärke wird nur aus dem Korn herausgelöst und steht für die Krumenbildung weiterhin zur Verfügung.

Das Quellstück bietet sich daher auch für größere Mehlmengen (>50% des Mehles) an. Eine andere Bezeichnung für ein Quellstück ist auch "Vorteig". In diesem Sinne funktioniert auch unser Sauerteig, der ja durch die lange Quellzeit wie ein Vorteig funktioniert. Besonders vorteilhaft bei Vorteigen mit extrem langer Führung (mehr als 24 Stunden) ist, dass bereits eine Fermentierung der Stärke beginnt. Fermentierung ist die Umwandlung und Aufspaltung von Zellulose und Stärke zu Zucker.

5.1.3 Kneten
Das Kneten ist bei allen kleberhaltigen Mehlen (also bei Weizen, Dinkel und Grünkern) sehr wichtig, da durch das intensive Kneten der Kleber aktiviert wird. Nur bei den Getreidesorten Roggen, Gerste, Hafer und andere reicht ein einfaches Untermischen, gerade so, dass sich keine Mehl- oder Salznester mehr im Teig befinden sondern alle Zutaten gut verteilt sind.

Eine gute Methode des Knetens ist das „Rundwirken". Dazu wird der Teig vor einem auf den Tisch gelegt und die Hand auf die Mitte aufgesetzt. Dann wird der hintere Teil des Teiges von einem weg mit dem Handballen flachgedrückt. Beim Zurückholen der Hand greifen die Finger unter den bedrückten Teil des Teiges und falten ihn wieder auf den Teig. Dabei wird der Teig leicht auf dem Tisch gedreht. Dann legt man die Hand wieder auf und drückt wieder einen Teil des Teiges flach, greift den gedrückten Teig und faltet ihn wieder auf, während man den Teig etwas dreht. Mit sechs bis sieben Walkvorgängen hat man den ganzen Teig etwa einmal auf dem Tisch gedreht und beginnt wieder von vorne. Diese Walkvorgänge bewirken nicht nur eine intensive Vermischung aller Zutaten, sondern gibt den Teig Spannung, die er hinterher als Brot oder Brötchen braucht um nicht ganz flach zulaufen und wie ein Fladen auszusehen. Aus diesem Grund sollte man den Teig mindestens 5 Minuten, besser 10 Minuten kneten.

Beim Kneten stellt man nach einiger Zeit fest, dass der Teig eine andere Konsistenz bekommt und „geschlossen" wirkt. Er hat dann viel Spannung aufgebaut, die man folgendermaßen testen kann: man drückt den Teig einmal fest und flach auf den Tisch. Wenn er sich wieder erholt und in der Mitte wieder aufsteigt ist er ausreichend geknetet. Eine andere Möglichkeit wäre, mit den Fingern in den Teig zu drücken. Wenn die Löcher sich sofort wieder etwas schließen, kann man mit dem Kneten aufhören.

5.1.4 Teigruhe
Die Teigruhe des Sauerteiges entspricht beim Hefeteig dem ersten „Gehenlassen". Brotteig mit Sauerteig hat nicht genug Hefe um mehrfach zu gehen. Deswegen lässt man den Teig nach dem ersten Knetvorgang nur 30 bis 40 Minuten bei Zimmertemperatur ruhen. Wenn man ihn länger ruhen lässt, beginnt unter Umständen bereits das Aufgehen des Teiges, was zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht erwünscht ist, da wir die ganze Triebkraft der sauerteigeigenen Hefe später für das Aufgehen brauchen.

Nach der Teigruhe schließt ein weiterer Knetvorgang an, der bei Roggen, Gerste und Haferteigen ebenfalls nur ein einfaches Durchrühren, bzw. leichtes Durchkneten ist. Weizen und Dinkelteige müssen ein zweites mal mindestens fünf Minuten geknetet werden. Dann folgt das Formen des Teiges und das Gehenlassen.

5.1.5 Gehenlassen
Beim Aufgehen lockern die Sauerteighefen den Teig durch die Kohlendioxid-Produktion. Da die Kohlensäure nicht entweichen kann, sondern im Teig gefangen ist bilden sich kleine Bläschen, die wir als „Krume" bezeichnen. Je größer die Blasen sind, desto luftiger wird unser Brot.

Nun ist der Sauerteig eine sehr langsame Methode der Teiglockerung. Wir müssen also mehrere Stunden warten, bis der Teig das gewünschte Volumen erreicht hat, so dass wir das Brot backen können. Unterstützen können wir die Hefe dadurch, dass wir das Brot bei 50°C in den Ofen stellen. Trotzdem wird unser Sauerteig, besonders wenn er noch jung noch mehrere Stunden brauchen, ehe er ausreichend aufgegangen ist.

Da ein Teig so lange nicht die Form behält (besonders Roggen und Dinkelteige sind meist weich), empfiehlt es sich, Sauerteigbrote entweder in einer sauerteigstabilen Kastenformen zu backen (für den Anfang tut es auch eine mit Backpapier ausgelegte normale Backform) oder zum Aufgehen in Gärkörbchen zu legen. Gärkörbchen sind kleine Körbe aus Weiden oder Stroh, die man gut einmehlt (oder mit einem bemehlten Tuch auslegt) und in die man den Teig mit dem „Schluß" (der nicht schönen Oberseite vom Wirken, die ein kleines Loch in der Mitte haben kann) nach oben. Der Teig wird dann zum Backen auf das Backblech oder den Backstein gestürzt. Wenn man kein Gärkörbchen hat, kann man auch eine große Suppenschüssel mit einem bemehlten Tuch auslegen und das Brot darin gehen lassen. Auch so behält das Brot seine Form und läuft nicht zu sehr auseinander. Es wird unmittelkbar vor dem Einschiessen eingeschnitten.

5.1.6 Backen
Einen alten Brotbackofen werden leider die wenigsten ihr eigen nennen. Leider sind die üblichen Haushaltsöfen nicht sehr geeignet zum Backen von Broten und Brötchen. Man kann sich aber gut behelfen, indem man mit einem oder zwei Brotbacksteinen (siehe „Links und Kaufempfehlung") einen alten Brotbackofen nachbildet.

Dazu wird der Stein auf ein Backblech auf der untersten Schiene aufgelegt und mit aufgeheizt. Einen besonderes gute Nachbildung eines Steinofens erreicht man mit einem zweiten Stein, den man auf einem Rost auf der obersten Schiene in den Ofen schiebt.

Die Brotbacksteine erfordern zwar eine recht langes und starkes Vorheizen, dafür ist aber das Ergebnis wesentlich besser als bei einem normalen Backblech.

Brot und Brötchen erfordern eine hohe Anfangstemperatur, die dann abfällt. Dies entspricht auch der Temperaturkurve eines alten Steinbackofens, bei dem der Ofen erst mit Holzfeuer auf über 300°C aufgeheizt wird. Dann wird die Glut und Asche aus dem Backraum entfernt bevor das Brot eingeschoben wird. Das Brot bäckt nur noch mit der in den Steinen gespeicherten Hitze. Wir können auch mit den Brotbacksteinen diesen Temperaturverlauf nicht dadurch nachahmen, dass wir den Ofen einfach ausschalten. Deswegen müssen wir die Temperatur während des Backens mit dem Regler immer etwas herunterdrehen. Dies nennt man „Fallende Hitze".

Wenn nun also der Ofen aufgeheizt ist (zum Aufheizen können wir gut die Umluftfunktion einschalten, zum Backen verwenden wir nur noch die Ober- und Unterhitze), schieben wir das Brot mit einer Schießplatte (dass ist eine Art Tablett an einem Stiel) in den Ofen auf den Stein, oder wenn wir noch keinen haben, auf das ebenfalls aufgeheizte Backblech (das dann aber eine Lage Backpapier benötigt, damit nichts anbäckt).

Wichtig für die gute Kruste ist es zu Beginn der Backzeit ein feuchtes Klima im Ofen zu haben. Dazu wird entweder das Brot gut mittels einer Wasserspitze eingesprüht oder eine Tasse Wasser auf den Backofenboden gegossen, das dann schlagartig verdampft. Deswegen sollte man Vorsicht walten lassen und die Backofentüre schnell wieder schließen!

Die Backzeit beträgt bei einem 1-kg-Brot ca. 50 Minuten, bei 1,5 kg ca. 60 bis 70 Minuten und 2 kg ca. 70 bis 80 Minuten. Die Temperatur sollte von 250°C alle zehn Minuten um jeweils 20-30°C reduziert werden bis man bei 180°C angekommen ist. So simulieren wir die „Fallende Hitze" eines echten Steinbackofens.

Das Brot ist fertig, wenn es beim Klopfen auf die Unterseite hohl klingt. Es wird dann herausgeholt, noch einmal mit Wasser leicht eingesprüht (das gibt eine glänzende Kruste) und kühlt dann auf einem Gitterrost aus.

Weizenbrot schmeckt frisch am besten (auch wenn es vielleicht etwas Magengrummeln geben kann). Roggenbrot muss noch einen Tag ruhen und durchziehen („reifen"), ehe der vollendete Roggensauerteiggeschmack, den wir von Großmutters Brot kennen, hervortritt.

5.1.7 Aufbewahren
Je höher der Roggenanteil eines Brotes ist und je höher der Schrotanteil, desto länger hält das Brot. Ein reines Weizenbrot aus 550er Mehl wird schon nach 2 Tagen altbacken, ein Roggenmischbrot nach 5 Tagen, ein reines Roggenbrot hält 7 Tage und ein Roggenschrotbrot etwa 10 Tage.

Wenn man das Brot in einem Steingutbehälter aufbewahrt, den man immer wieder alle drei Wochen mit einem essiggetränkten Tuch ausreibt und die Krümel peinlich genau entfernt, dann kann man die Aufbewahrungszeiten fast verdoppeln. Ansonsten empfiehlt sich die Aufbewahrung in einem sauberen Leinensäckchen oder scheibenweise aufgeschnitten und tageweise portioniert in der Tiefkühltruhe. Der Kühlschrank ist gänzlich ungeeignet, da dort das Brot zu schnell austrocknet.

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